Smart Violence – New Glory Days of RAC
Oldschool Records | CD
Mächtig viel Theater… Oder besser gesagt, Perfektionisten mit einem Hang zu räudigen Tönen. Smart Violence waren nie besser!
Da haben sich die Clockwork Skinheads ja was einfallen lassen. Dass man im Hause Smart Violence bekanntlich nicht untätig ist, ist ja nun kein Geheimnis und so war es dann eben auch nur eine Frage der Zeit bis es neues Material der umtriebigen RAC´ler geben würde. Dass man sich dann aber dazu entschieden hat(te), ein Album noch einmal neu einzuspielen, dass gerade einmal 5 Jahre alt ist, war schon etwas verwunderlich. Ich möchte sogar sagen, etwas ernüchtern, als die Ankündigung eintraf. Aber gut, wir woll(t)en nicht vorschnell urteilen und so hat natürlich auch “New Glory Days of RAC” seine verdiente Chance und Runden in der Anlage bekommen. Man muss natürlich berücksichtigen, dass die Werke von Smart Violence ihre Zeit brauchen bis sie so richtig zur Geltung kommen. Es ist wie mit einem guten Wein, je älter, desto besser schmeckt er. Gut, etwas weit hergeholt, aber ich bin mir sicher, dass ihr versteht was gemeint ist. Es ist letztlich dann auch der lange Marsch zum Erfolg der “New Glory Days of RAC” am Ende erstrahlen lässt.
Das musikalische Rahmenprogramm auf “New Glory Days of RAC” erstreckt sich von klassischen RAC und Oi! Nummern über Punk und sogar einige wenige Ska und Irish Folk Elemente. Da haben sich Smart Violence wirklich nicht lumpen lassen, mit einer intensiven Spielfreude und jeder Menge musikalischen “Aha” Effekten, wissen die Skins mit den Neuinterpretationen zu überzeugen. Beispielsweise darf man in dem Lied “Vendetta” ein ungemein geiles Gitarrenspiel genießen, dieses wird dann noch mit einem ziemlich fetzigen Soli – natürlich nicht nur hier – abgerundet und avanciert zu einem echten Hörgenuss. In diesem Fall gibt es als Sahnehäubchen dann noch den guten U. als Gastsänger zu hören. Generell haben sich die Skins einige namhafte Gastsänger mit ins Boot geholt, zu denen u.a. der Jens B. von Sturmwehr oder der Brigade 66 Frontmann gehören. In den durchweg politischen und teils sozialkritischen aber auch Szene spezifischen Texten lässt man es gewohnt scharfzüngig krachen. Als Beispiel sei da das Lied “Am Fusse der Pyramide” genannt, eine lyrische Kampfansage an die Schattenmächte und dessen Kapitaldiktaturen. Auch ist dies eine Nummer, die hier aber auch aus dem Rahmen springt, klingt das Lied vom Gitarrenspiel doch sehr an jene Aufnahmenphase zu dem letzten Sturm 18 Liedern. Wer das “Vereinte Kräfte / Fuerzas Unidas” Gemeinschaftswerk kennt, der weiß, was gemeint ist.
Nach dem Reifeprozess erklingt “New Glory Days of RAC” mit jedem Mal hören, mehr und mehr stimmiger und abwechslungsreicher. Wenn man sich auf das Album eingelassen hat, dann wird man die vielen Facetten dieser Produktion mit der Zeit zu schätzen wissen. Gleichgültig ob die deutschsprachigen oder englischsprachigen Lieder, der Abwechslung wurde hier keine Grenzen gesetzt. Besonders das sauber gespielte Schlagzeug hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Auch ist man sich nicht zu fein, auf ein klassisches Stück als Einleitung zurückzugreifen, he, he. Der Unterschied bei der neu interpretierten Scheibe zur ursprünglichen ersten Veröffentlichung liegt allen voran in den starken, frischen und neuen Strukturen der alten Lieder. Von diesen haben es am Ende dann 12 Stück auf die neue Scheibe geschafft, 5 Lieder sind komplett neu und wurden eigens für diese Scheibe geschrieben und komponiert.
Erstaunlich, es gibt Bands, die im Laufe ihrer musikalischen Karriere unzählige Werke veröffentlichen, stabile Neuinterpretationen auf den Markt bringen und es gibt Smart Violence. Die Skins haben sich ziemlich kritisch mit sich selbst auseinandergesetzt und eine Reformation auf die eigene Basis gestartet. Die Neuinterpretation von “For the Glory days of R.A.C.” ist ein durchweg starkes, abwechslungsreiches und überraschendes Album geworden. Aller Skepsis zum Trotz wird hier auf Angriff gesetzt und ein Sieg eingefahren. Sound technisch ist das Teil sauber und druckvoll, die Produktion auf dem Hauslabel Oldschool Records springt dabei für sich. Dort hat man das neue Werk in zwei Varianten verpackt. Neben einer normalen Variante im klassischen Jewelcase, gibt es noch ein Digi mit alternativer Gestaltung – Clockwork Orange lässt grüßen – und einer handschriftlichen Limitierung auf 333 Exemplare. Dazu gibt es noch ein Miniposter und zwei Aufkleber. Die Gestaltung ist wieder einmal ein echter Hingucker, wie bereits erwähnt wurde das Digi optisch an den Kubrick Klassiker Clockwork Orange angelehnt. Die normale Version im Jewelcase wurde ersichtlich von Sin City inspiriert, die Gestaltung erinnerte mich sofort an die “German Skinhead Anthems” Split. Selbstverständlich findet ihr alle Texte im Beiheft, dieses ist übrigens auch beim Digi dabei.
Smart Violence sind nicht mehr zu verleugnen, zu professionell ist die Arbeit inzwischen und mit “New Glory Days of RAC” kackt man der Rotfront genüsslich vor die Haustür, das sind Melodien aus dem Herzen voll Wut und Leidenschaft. Ich freu mich schon jetzt auf die Split mit den Amis, bis dahin sollte man sich aber unbedingt diese Scheibe reinziehen, ein echtes Brett für all jene, deren Herzen im Takt des RAC schlagen!
Titelliste:
01. For the Glory Days of RAC (feat. Spengler Kollektiv)
02. Bis in den Tod
03. Spirit of Tens (Español / feat. Hurlingham Offenders & Sun City Skins)
04. Uhrwerk der Angst
05. Vendetta (feat. Uwocaust)
06. White Pride
07. Am Fusse der Pyramide (feat. Sturmwehr)
08. Von vorne rein verloren
09. Let´s Start the War
10. Ost vs. West (feat. Brigade 66)
11. Von Nietzsche, Droogs & Ludwig van (feat. Alex E. / Lead-Guitar)
12. Wehrwolf
13. Red Front Terror
14. Spirit of Tens Deutsch
15. Raffi Goldzahn
16. Freitag Nacht
Hörprobe – Smart Violence – Ost vs. West (feat. Brigade 66):
Kurzinterview mit Broschi // Smart Violence
Frontmagazin
Broschi, was war der ausschlaggebende Grund dafür, das Album “For the Glory Days of R.A.C” neu einzuspielen, wo das Erstlingswerk doch gerade erst einmal 5 Jahre alt ist?
Broschi
Hallo. Der ausschlaggebende Grund war, dass der Gesang bei der ersten Version doch arg oft komplett aus der Zeit war. Drei Monate nach der Veröffentlichung war ich schon auf dem Punkt, dass ich alles am liebsten neu eingespielt hätte. Das Hören des Albums war echt kein großer Genuss, vor allem für Zufallshörer oder Leute die nur bedingt unsere Musik hören. Das lag mir natürlich schwer im Magen. Auf der anderen Seite war es immer schwer für Live-Auftritte zu üben, da wir nie wirklich als ganze Band proben, sondern die meisten zu Hause von Platte üben. Exakt der zweite Grund hat mich dazu gebracht in Zeiten von Kurzarbeit die Crew zu motivieren, als Band die Platte aufzunehmen. Wobei ich anmerken möchte, dass ich die Akkordgitarren und auch 1/3 aller Soli selber eingespielt habe. Die virtuosen Soli sind von XY den Bandpunk und Alonso eingespielt. Beides festes Mitglieder unserer Band. Mir war es eine Herzensangelegenheit und wir haben wie immer auf Gage verzichtet und auch unsere Studioaufnahmen kostenfrei abgewickelt. Glaub mir, es hat nicht nur beim Label, sondern auch bei Teilen der Band wirklich Überredungskunst bedarf.
Frontmagazin
Welche Maßstäbe habt ihr euch selbst für die Neuinterpretation gesetzt? Das Ding einfach noch einmal neu aufnahmen, wäre sicherlich nicht im Sinn der Sache gewesen sein, oder?
Broschi
Es sollte runder und besser werden als beim ersten Mal. Wir haben die halbe Platte geändert. Ein anderer Kollege aus der Fanzinebranche hat schon ein Review geschrieben, wo er sinnlich sagte, dass man schon fast sagen kann, dass es ein neues Album ist. Ich sehe die erste Version mehr als eine Demo-Version. Genau wie die Platte heute ist, wollte ich schon die erste Version haben. Aber die Umstände und Unerfahrenheit haben diesen Plan durchkreuzt. Aus Fehlern lernt man. Ich glaube, dass jeder der sich die „New Glory Days of RAC“ kaufen wird und der Platte mehrere Anläufe gibt mir beipflichten wird, dass es sich gelohnt hat und demnach auch nicht enttäuscht sein wird.
Frontmagazin
Würdest du die Arbeit, die ihr mit Smart Violence abliefert noch als klassischen Oi! / RAC bezeichnen oder geht es darüber schon lange hinaus? Immerhin glänzt “New Glory Days of RAC” mit jeder Menge Facetten, die bis hin zu südamerikanischen Einflüssen reichen. Bands mit einer solchen Experimentierfreudigkeit kann man an einer Hand abzählen im patriotischen Musikgeschäft.
Broschi
Also wir sind nicht die Skinhead-Band, die 80er Jahre Oi!-Musik in Bandaufnahmequalität spielt. Dafür spielt unser Drummer Werner zu genau und dafür sind wir glaube ich auch zu, wie soll ich das sagen, ohne abgehoben zu klingen…“professionell“. Wir kombinieren alles, was uns einfällt, was wir in vielen Jahren als Musikfreaks aufgeschnappt haben ohne etwas zu kopieren. Ich glaube wir sind eine der wenigen Bands, die niemanden nacheifern und uns auch keine Riffs und Ideen zusammen klauen. Die Wahrheit ist, dass ich meine Musik so schreibe, dass ich einen Text ausarbeite, dazu dann die Musik als Rohentwurf vorbereite. Platz für Melodien und Soli lasse. Sobald ich die eingespielten Schlagzeug-Spuren habe, beginnt die Arbeit. Ich schreibe dann unzählige Male die Riffs um, nehme es dann auf und dann arbeite ich mühevoll die Soli aus. Klingt wirklich Herzblutlos, ist es aber nicht. Die besten Lieder aus meiner Feder sind immer aus Spontanität entstanden und weil ich immer das Privileg hatte, mit den besten Drummern der deutschen Szene im Skinhead-Sektor zu arbeiten. Danke dafür.
Südamerika ist gut. Aber ich glaube, dass wir von sämtlichen Strömungen der Skinhead und Rockszene beeinflusst werden. Ich kann dir gar nicht aufzählen welche Bands uns alle beeinflusst haben. Bei mir sind es definitiv Dramatic Battle, Die Rabauken, Bulldog Breed, Evil Skins, English Rose, Skrewdriver, Sledge Hammer, Steelcapped Strength, Arresting Officers, Faustrecht, Cro-Mags, Endstufe, Chaoskrieger, Brutal Combat, Legion 88, Cock Sparrer, The Last Resorts, The Ejected, Klan, Pegior Amico, Barking Dogs, The Exploited, Ikazuki, Carnivore, Razzia, Iron Maiden, Perkele, El Bosso und die Ping Pongs, Legion of St. George, Civico 88, H8Machine, Ritam Nereda, Konkwista 88, Another Mans Poison, Warzone, Madness, BED, Die-Hards, Brutal Attack, Worrior Kids, Hass, Sodom, The Partisans…usw. Du merkst, dass ich wirklich viel Musik zu schätzen weiß. Von SKA, über Oi!/Punk, zu RAC, dann zu Heavy Metal zu NYHC bis zu Trash. Ich glaube, dass jede Band von den oben genannten mich in irgendeiner weise musikalisch geprägt hat.
Also kurz und bündig. Wir sehen uns als traditionelle Skinhead-Band, die ihren Unikat-Sound hat, der sich aus Oi!/RAC/Hardcore-Punk und auch mal Ska-Anleihen zusammen setzt. Traditionell deshalb, weil wir noch 100 % den authentischen Clean-British-Look sowie diese Lebensweise an den Tag legen. Wir fühlen uns aber zutiefst verbunden mit der Oi!-Musik und legen, ganz im Gegenteil zu vielen Kraken-Kombos der 2000er Jahre eine „Pro-Oi!“ Haltung an den Tag.
Frontmagazin
Was sind die wohl intensivsten Momente und prägnantesten Merkmale, die das neue Album auszeichnen?
Broschi
Klingt blöd. Aber ich glaube das Lied „Freitag Nacht“ ist das Herzstück der Platte. Nicht weil es ein neues Stück ist, sondern weil es mal ein Party-Stück ist, was man so aus meiner Feder nicht kennt. Das Leben ist zu kurz, um immer nur ernst zu sein.
Das prägnanteste Merkmal ist, dass man das neue Album so durchlaufen lassen kann ohne zu sagen, dass da was nicht passt. Ich glaube, dass „New Glory Days of RAC“ bisher unsere stärkste Platte ist. Die zahlreichen Gastsänger / Musiker sind da sicher auch noch das Sahnehäubchen auf der Torte. Musikalisch hat sich da auch einiges getan. Die Melodien und Soli sind neu arrangiert.
Frontmagazin
Hat euch die Arbeit an “New Glory Days of RAC” als Band weiter vorangebracht und was nehmt ihr selber mit aus dem Entstehungsprozess der neuen Scheibe?
Broschi
Die Aufnahme der neuen Scheibe hat uns wirklich musikalisch um Meilen weitergebracht. Wir haben schon wieder eine Studioaufnahme für eine Split mit einer Oi!/RAC-Band aus den USA beendet. Da gehen wir wieder zurück zum klassischen Oi! lastigen Smart Violence Sound. Das neue Material klingt, trotz, dass es mehr in die Fresse geht, noch detaillierter und verspielter. Ich bin da gesanglich noch mal um Welten weiter gekommen. Stillstand ist Tod und ich hoffe wir können für unser zehn Jahre Album uns noch mehr optimieren. Was ich mitnehme aus der Scheibe, dass gut Ding Weile braucht. Vor uns liegen nur noch das Jubiläumsalbum und dann machen wir definitiv ruhiger und lassen alle paar Jahre mal was von uns hören und spielen lieber ab und an mal live.
Frontmagazin
Broschi, ich danke dir für diese kurze Befragung. Wir hören und sicherlich demnächst wieder, zu einem umfangreichen und all umfänglichen, gigantischen und majestätisch anmutenden Smart Violence Interview, ha, ha!
Broschi
Immer her mit den Fragen. Wir stehen immer Antwort zu unserem Output. Grüßen an alle Skinheads und auch an alle nationalen Sozialrevolutionäre dort draußen in der weiten Welt. Against red front and mass reaction
SV – XCIX EF